»Der Kampf gegen Amazon ist international«.
Interview: Florian Wilde, GenfBayron Benedidt ist Betriebsrat und Mitglied der Gewerkschaft Langile Abertzaleen Batzordeak (LAB) im Amazon-Versandzentrum nahe Bilbao
Vertreter Ihrer Gewerkschaft Langile Abertzaleen Batzordeak, kurz LAB, haben am vergangenen Wochenende an einem Treffen der AWI, der Amazon Workers International, in den Räumen der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Genf teilgenommen. Wer war noch dabei, und welche Bedeutung hat diese internationale Vernetzung für die LAB?
Wir sind ja erst kürzlich zum Netzwerk der AWI hinzugestoßen und haben die Gelegenheit für eine Vernetzung mit Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland von Verdi, aus Frankreich von SUD Solidaires, aus Polen von der Arbeiterinitiative IP, aus Spanien von der CGT, aus den USA von den Amazonians United sowie mit Aktiven aus Organizing-Projekten aus Kentucky und Toronto sowie der Amazon India Workers Association, AIWA, aus Indien genutzt. Wir wollen gemeinsam die Publikation einer internationalen Zeitschrift der kämpfenden Amazon-Beschäftigten in Angriff nehmen.
Für uns bieten diese Treffen eine wichtige Gelegenheit, die Arbeitsbedingungen in anderen Ländern besser zu verstehen, von den Aktionen der Arbeiterinnen und Arbeiter aus anderen Ländern zu hören sowie von ihren Erfahrungen für unseren Kampf zu lernen. Die Probleme, vor denen wir bei Amazon stehen, ähneln sich weltweit auf eine geradezu verblüffende Weise, ebenso wie die Repressionsmaßnahmen des Konzerns. Deutlich geworden ist: Der Kampf gegen Amazon ist international, und um ihn zu gewinnen, braucht es internationale Solidarität und Vernetzung.
Seit wann ist Amazon im Baskenland angesiedelt, und wie viele Standorte gibt es bereits in der Region?
Amazon ist erst seit fünf Jahren im Baskenland mit einem Versandzentrum in der Nähe von Bilbao vertreten. Insgesamt gibt es dort 123 Beschäftigte. Wir arbeiten nur in Nachtschichten, pro Schicht sind wir etwa 40 Kolleginnen und Kollegen.
Können Sie etwas zum gewerkschaftlichen Organisierungsgrad in dem Versandzentrum sagen?
Mit etwa 20 Aktiven sind wir die Mehrheitsgewerkschaft im Versandzentrum. Wir stellen mit fünf Delegierten die absolute Mehrheit im neunköpfigen Betriebsrat, in dem eine konzernfreundliche, »gelbe« Gewerkschaft nur drei Sitze erzielen konnte. Seit zwei Jahren kämpfen wir für eine deutliche Verbesserung unserer Arbeitsbedingungen durch einen Tarifvertrag – aber bisher verweigert der Konzern alle Verhandlungen.
Heißt also, dass die bisherigen Arbeitskampfmaßnahmen Amazon noch nicht an den Verhandlungstisch bringen konnten. Wie oft konnten Sie erfolgreich einen Streik organisieren?
Zum ersten Mal haben wir im Weihnachtsgeschäft 2022 gestreikt. Seitdem versuchen wir kontinuierlich, den Druck durch weitere Streiks zu erhöhen. In diesem Jahr hatten wir drei Streiktage im Januar und je einen im Februar und März, bei denen die Nachtschicht komplett bestreikt wurde. Im April haben wir eine Woche lang jeweils drei Stunden pro Nachtschicht gestreikt. Das Baskenland ist die Region mit der höchsten Streikdichte im spanischen Staat, und auch bei uns ist die Streikbeteiligung sehr hoch: Etwa 90 Prozent der Nachtschicht legen bei unseren Streiks die Arbeit nieder.
Und wie reagiert der Amazon-Konzern auf Ihre Streiks?
Mit einer Politik der Angst: Es gibt zahlreiche Repressionen gegen unsere Gewerkschaft und ihre Militanten. Unsere Streikführerinnen und Streikführer bekommen systematisch die unangenehmsten Arbeiten zugewiesen, werden vom Management gemobbt und mit Lohnkürzungen sowie Entlassungen bedroht. Tatsächlich wurden auf diese Weise viele Beschäftigte eingeschüchtert. Wir unterbrechen momentan die Streikaktivitäten, um uns noch stärker aufzustellen, Solidarität aus der Gesellschaft zu organisieren und unsere nächsten Aktionen vorzubereiten, um den Konzern endlich in einen vernünftigen Tarifvertrag zu zwingen.