150.000 Menschen folgten am 20. Oktober dem Aufruf des britischen Gewerkschaftsdachverbandes TUC und zogen von der Themse am britischen Parlament vorbei zum Hyde Park.
Den Anlass zu dieser Großdemonstration durch die Londoner Innenstadt bot die fortgesetzte Kürzungspolitik der konservativ-liberalen britischen Regierung. Nach Ansicht vieler Demonstrierender führt sie zu einer sozialen Spaltung, wie England sie zuletzt im 19. Jahrhundert erlebt hat. Daher wurde ein Ende der Kürzungen, die besonders den öffentlichen Dienst betreffen, sowie Investitionen in Arbeit, Bildung und Umwelt gefordert. Dies sollte in dem Motto der Demonstration, „Für eine Zukunft, die funktioniert!“, ausgedrückt werden. Gefordert wurden auch höhere Steuern für die Wohlhabenden, deren Reichtum auch in England in den letzten Jahren immer weiter gestiegen ist. Der Demonstrationszug erstreckte sich über viele Kilometer und wurde von gewerkschaftlichen Kontingenten dominiert. Immer wieder waren Forderungen nach einem Generalstreik zu hören. So riefen die Mitglieder der Transportarbeitergewerkschaft RMT immer wieder: „What do we want? General Strike! When do we whant it? Now!“ (Was wollen wir? Den Generalstreik! Wann wollen wir ihn? Jetzt!). Neben den Gewerkschaften hatten auch Umwelt-, Studierenden- und Rentnerorganisationen zu der Demonstration aufgerufen. Sehr sichtbar waren auch verschiedene kleinere sozialistische Parteien, die den Sturz der Regierung und einen Generalstreik forderten. Eine wichtige Rolle spielte auch der Bezug auf Protestbewegungen in anderen europäischen Ländern. So waren auch immer wieder Slogans wie „We will fight, we will win – Athens, London, Rom, Berlin“ zu hören.
Europäische Konferenz: „Against Austerity and Privatisation“
Am nächsten Tag fand im Gebäude der Gewerkschaft „Unite“ die 2. „European Conference Against Austerity and Privatisation“ (Europäische Konferenz gegen Kürzungen und Privatisierungen) statt. Organisiert wurde sie von der britischen Coalition of resistance (Koalition des Widerstandes). Diese ist ein breites Widerstandsbündnis von linken Labour-MPs und den (in England relativ linken) Grünen über kämpferische Gewerkschafter bis zu linkssozialistischen Parteien und Gruppen. Sie wurde von ca. 120 TeinehmerInnen besucht und war damit deutlich kleiner als die erste Konferenz im Oktober 2011 mit über 400 TeilnehmerInnen. Allerdings war die diesjährige Konferenz als ein Delegiertentreffen konzipiert und damit kleiner angelegt.
Zu den Sprechern auf der Konferenz gehörten die Europa-Abgeordnete Marisa Matias vom Bloco de Esquerda (Linksblock) in Portugal, der SYRIZA-Abgeordnete Stefanos Samoilis aus Griechenland, Elisabeth Gauthier (Tranfsorm!-Netzwerk und Kommunistische Partei Frankreichs) und Jeremy Corbyn, Abgeordneter der Labour-Partei aus England. Weitere Teilnehmer kamen aus einer Reihe von Gewerkschaften, etwa der griechischen Lehrergewerkschaft OLME und der französischen linksalternativen Gewerkschaft Solidaires, aus linken und linksgrünen Parteien sowie sozialen Bewegungen wie den Kampagnen zur Abschaffung der Schulden und ATTAC. Die südeuropäischen RednerInnen berichteten von der verheerenden sozialen Situation in ihren Ländern und von der Bedeutung, die der von den Gewerkschaften in Spanien, Portugal, Griechenland, Malta und Zypern ausgerufene erste länderübergreifende Generalstreik am 14. November habe. Der Wissenschaftler Stathis Kouvelakis (SYRIZA) bezeichnete die Maßnahmen in Griechenland als eine Schock-Therapie, die nur mit den Einschnitten der 1930er Jahre vergleichbar seien. Er rief aus: „Wir müssen diesen Kampf gewinnen!“. Dimitris Gkinis von der Lehrergewerkschaft OLME meinte, koordinierte Solidaritätsaktionen der Gewerkschaften mit den griechischen Beschäftigten seien dringend notwendig. Danielle Obone von der französischen Linksfront schilderte, wie schnell die Hoffnungen in die Regierung Hollande enttäuscht worden seien. Die Demonstration gegen die Kürzungen in Frankreich am 20. September sei die größte Demonstration seit langem gewesen. Wie ungleich der Widerstand auch in Südeuropa ausgebildet ist, verdeutlichte der Beitrag von Brune Seban von der italienischen Sinistra Critica. Sie schilderte die großen Schwierigkeiten der linken Kräfte in Italien, größere Proteste zu organisieren.
Florian Wilde, der als Mitglied des Parteivorstandes der LINKEN an der Konferenz teilnahm, berichtete von den Schwierigkeiten, in Deutschland große soziale Proteste zu organisieren: Die Arbeitslosigkeit ist weit geringer als in anderen Ländern, die Wirtschaft noch relativ stabil und die Ideologie der Merkel-Regierung von der angeblichen Rettung Griechenland durch deutsches Geld noch immer ziemlich dominant. Dennoch hätte DIE LINKE zusammen mit soziale Bewegungen und Gewerkschaften immer wieder versuchet, Proteste zu organisieren, etwa bei Blockupy! in Frankfurt oder beim Aktionstag „Umfairteilen!“ Er betonte die Notwendigkeit sichtbarer Proteste auch in Nordeuropa am 14. November und versprach, dass DIE LINKE sich auch künftig an Protesten in Deutschland und Europa beteiligen werde (Video).
Einstimmig verabschiedeten die Delegierten eine Resolution, die zur Unterstützung des vom Europäischen Gewerkschaftsbundes aufgerufenen Streik- und Aktionstages am 14. November und zur Teilnahme am Europäischen Alternativen Gipfel (European Alter Summit) in Athen 2013 aufforderte.