Geschichte & Praxis von Peoples Global Action

(unveröff. Hausarbeit, WS 1999)

Globalisierung der Märkte – Globalisierung des Widerstandes? 

Das Beispiel „Peoples´Global Action“ (PGA).

Von Florian Wilde.

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung 1
  2. Hauptteil 5

2.1 PGA: Entstehung, Grundsätze und teilnehmende

Organisationen und Bewegungen 5

2.2 Programmatik: Das PGA-Manifest 8

2.3 Aktionen: Die Peoples´Global Action Days (PGADs) 10

2.3.1 Der erste PGAD: 18.-20.Mai 1998 12

2.3.2 Der zweite PGAD: 18.Juni 1999 12

2.3.3 Der dritte PGAD: 30.November 1999 13

2.3.4 Der vierte PGAD: 1.Mai 2000 16

2.3.5 Bereits in Planung – Der fünfte PGAD:

26.September 2000 17

  1. Schluss 19
  2. Quellen- und Literaturverzeichnis 22

 

1.Einleitung:

Man kann sagen: Was für die Arbeiterbewegung im 19.Jahrhundert die Klassenfrage war, ist für die transnational agierenden Unternehmen an der Schwelle zum 21.Jahrhundert die Globalisierungsfrage. Mit dem allerdings wesentlichen Unterschied, daß die Arbeiterbewegung als Gegenmacht agierte, die globalen Unternehmen aber bislang ohne(transnationale) Gegenmacht handeln.“1

Just als das Jahrhundert verlosch, erhob sich über Seattle ein Hoffnungsschimmer. Bürger aus aller Welt, die man zu lange mundtot gemacht oder vor vollendete Tatsachen gestellt hatte, riefen lautstark: >Wir wollen nicht mehr!< Wir wollen nicht mehr die Globalisierung als Schicksal hinnehmen. Wir wollen nicht mehr tatenlos zusehen, wie der Markt anstelle der Volksvertreter alles entscheidet und wie die Welt sich zunehmend in eine Ware verwandelt. … Der große Sieg über die Welthandelsorganisation (WTO) verdankt sich weitgehend den Bürgervereinigungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs), Gewerkschaften und Initiativen aus zahlreichen Ländern, die als Keimform einer internationalen Zivilgesellschaft anzusehen sind. Im Zuge der Globalisierung … entstand in den letzten Jahren klammheimlich eine Art planetarer Exekutive, bestehend aus vier Hauptakteuren: IWF, WTO, Weltbank und OECD. … [Es] entstand das Bedürfnis nach einer anderen, weltweiten Gegenmacht. Die Demonstranten von Seattle haben in der Tradition der internationalen Protestbewegung begonnen, diese Gegenmacht aufzubauen.“2

Gerade einmal zwei Jahre liegen zwischen diesen Zitaten, die in ihrer Aussage unterschiedlicher nicht sein könnten. Das erste Zitat stammt von Ulrich Beck (1998), das Zweite von Ignacio Ramonet, dem Herausgeber der Le Monde Diplomatique. Zwei Jahre, in denen eine transnationale Gegenmacht, eine internationale Bewegung gegen Freihandel und Neoliberalismus entstanden ist, die spätestens seit den massiven Demonstrationen gegen die Millenuims-Runde der WTO in Seattle im Dezember 1999 nicht mehr übersehen werden kann. Eine Gegenmacht, die ihre Internationalität, ihre Beständigkeit und Militanz nur wenige Wochen nach dem „Battle of Seattle“ erneut und auf einem anderem Kontinent unter Beweis stellte: Am 30.01.2000 im schweizerischen Davos.

Eine Gegenbewegung, die am 16.04.00 erneut in den USA auf die Straße ging, um eine Tagung von IWF und Weltbank in Washington zu blockieren3.

Einer Gegenbewegung, die weitergehen wird: So wird zu der Tagung von IWF und Weltbank in Prag im September 2000 international mit dem Slogan: „Turn Prague into Seattle“ mobilisiert4.

Diese Gegenmacht beginnt zusehends, auch von den Medien wahrgenommen zu werden. Die Wirtschaftswoche etwa meint: „Heute, 152 Jahre nach dem Kommunistischen Manifest … findet sich so etwas wie eine neue, zweite Internationale gegen die Globalisierung zusammen.“5 Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Jetzt wird klar, dass die Demonstrationen um das Scheitern der WTO tatsächlich ein wichtiger Einschnitt waren… Es gibt ein gut organisiertes Netz von Gruppen, die sich untereinander abstimmen, die ihre Aktionen vor den Medien inszenieren und so die politische Meinung zumindest in den wohlhabenden Ländern zu beeinflussen beginnen.“6 Und die Frankfurter Rundschau schreibt zum gleichen Thema: „Erst war Seattle, dann Davos, jetzt Washington. Im September kommt Prag. Wo immer sich die Regierenden dieser Welt sich an den Schaltstellen der wirtschaftlichen Globalisierung versammeln, müssen sie mit Protest rechnen … Menschenketten um Tagungsorte, auf denen über den Welthandel oder internationale Finanzströme beraten wird, sind gleichsam zum Markenzeichen dieser wachsenden Protestbewegung geworden.7

Die Bewegung als solche entstand schon lange vor dem „Battle of Seattle“ (wenn auch lange ohne jede mediale Beachtung) und wenigstens einen bedeutenden Erfolg hatte sie bereits vorher zu verzeichnen: Die Verhinderung des Multilateralen Investitionsabkommens (MAI) 1998.8

Das ursprüngliche Ziel dieser Arbeit, die Entstehung einer neuen internationalen Protestbewegung bzw. Gegenmacht (deren nicht-Existenz Beck noch vor zwei Jahren konstatierte) und die sie tragenden Organisationen und Zusammenschlüsse anhand der Bewegung gegen das MAI und die WTO zu untersuchen, erwies sich im Rahmen einer Hausarbeit als undurchführbar. Denn es gibt bisher noch keine Gesammtdarstellungen dieser Bewegung. Es müssten daher für eine derartige Untersuchung hunderte von Internetseiten und Artikeln in Zeitungen ausgewertet werden – eine Hausarbeit kann dieses sicher nicht zufriedenstellend leisten.

Daher soll diese Arbeit nur eine der die „neue Internationale9 tragenden internationalen Zusammenschlüsse zum Thema haben: „Peoples Global Action against „free“ trade and the WTO (PGA)“. Diese weltweite Alianz von Basisbewegungen wurde in Frühjahr 1998 in Genf von so wichtigen und einflussreichen Organisationen wie der FZLN (Mexiko), MST (Brasilien), der Ogoni-Bewegung MOSOP und der indischen Kleinbauernbewegung KRRS10 gegründet. Bedeutung für die neue internationale Protestbewegung erlangten vor allem die Peoples´Global Action Days (PGAD) als weltweite antikapitalistische Aktionstage – einer dieser Aktionstage war der 30.11.99, der Tag der Demonstrationen von Seattle.

Im Folgenden soll das Selbstverständnis und die Programatik dieses Zusammenschlusses, seine Entstehung, die ihn tragenden Gruppen und Organisationen und die wichtigsten Aktionsformen (die sogenannten „Peoples Global Action Days“) dargestellt und auf ihre Rolle für die neue internationale Protestbewegung hin untersucht werden um abschließend die Frage zu klären, ob man von einer „Globalisierung des Widerstandes“ sprechen kann.

Da es noch keine zusammenhängenden wissenschaftlichen Darstellungen von und Untersuchungen über PGA gibt, mussten die für diese Arbeit verwendeten Quellen mühevoll (und fast ausschließlich über Internet) zusammengeragen werden. Die Unübersichtlichkeit des Internets bringt es mit sich, dass mit einiger Warscheinlichkeit für diese Arbeit wichtige Homepages von mir nicht aufgefunden wurden. Viele Informationen über PGA, die PGA-Bulletins und das PGA-Manifest wurden der Homepage von PGA (www.agp.org) entnommen. Das Manifest liegt auch in gedruckter Form vor11. Informationen über die verschiedenen globalen Aktionstage bieten die für den jeweiligen Aktionstag eingerichteten Homepages.

  1. Hauptteil

2.1 PGA: Entstehung, Grundsätze und teilnehmende Organisationen und Bewegungen

„Peoples Global Action against „free trade“ and the WTO“ (PGA) wurde auf einer Konferenz vom 23. bis 25.02.1998 in Genf gegründet, an der über 300 Delegierte aus 71 Ländern teilnahmen12.

Ihrem (in den Organisationsstatuten festgehaltenen) Selbstverständnis nach ist PGA „ein Instrument für Koordination, keine Organisation“13. Das oberste Ziel von PGA ist es, eine größtmögliche Zahl von Menschen, Bewegungen und Organisationen zu inspirieren, gegen die Macht der transnationalen Konzerne in Form von gewaltfreiem zivilen Ungehorsam zu kämpfen14.

PGA kennt keine Mitgliedschaften, sie wird weder von Einzelpersonen noch von Organisationen repräsentiert und ist auch keine juristische Person15. Die einzige Instanz, die PGA kennt, ist ein auf jeder Konferenz neu zu wählendes „Einberufungs-Komitee“, dessen Mitglieder nach jeder Konferenz zu 100% wechseln müssen, um eine Bürokratisierung zu verhindern. Dieses Komitee kann nicht im Namen von PGA sprechen. Seine Aufgaben sind die Vorbereitung der jeweils nächsten Konferenz, die Entscheidung darüber, welche Gruppen finanzielle Hilfe erhalten, um an den Konferenzen teilzunehmen sowie das Drucken von PGA-Publikationen16. PGA verfügt über verschiedene Informationsmöglichkeiten wie eine eigene Homepage (www.agp.org) in sieben verschiedenen Sprachen und Bulletins, welche ehrenamtlich von Aktivisten/Organisationen erstellt werden sollen17. In den Bulletins werden Beschlüsse der PGA-Konferenzen mitgeteilt, wird zu Aktionstagen aufgerufen und von Aktivitäten aus aller Welt berichtet. Diese Berichte werden von den jeweiligen Organisationen eingereicht und mit dem Bulletin verschickt. So soll ein weltweiter Austausch zwischen verschiedenen Bewegungen gefördert werden.

Über eigene finanzielle Ressourcen soll PGA nicht verfügen18. Das für die Konferenzen sowie für das Versenden der Bulletins nötige Geld soll dezentral als Spenden gesammelt werden. PGA soll auf einer auf Dezentralität und Autonomie ausgerichteten Organisationsstruktur basieren.19

PGA-Konferenzen sollen immer in den Jahren stattfinden, in denen WTO-Ministerrunden tagen, um dezentrale Proteste gegen diese vorzubereiten, wenn nötig, dass PGA-Manifest zu überarbeiten und eine globale Koordinierung des Widerstandes gegen Freihandel voranzutreiben20. Bisher haben zwei PGA-Konferenzen statt gefunden: Die bereits erwähnte in Genf und eine in Bangalore (Indien) im August 199921. Die nächste Konferenz wird in Nikaragua stattfinden, dass Datum ist noch unklar.22

PGA ist offen für alle Gruppen/Organisationen, die bereit sind, das PGA-Manifest (siehe 2.2) und die Grundsätze von PGA mitzutragen. Diese auf der PGA-Gründungskonferenz beschlossenen Grundsätze sind im einzelnen:

1.Eine deutliche Ablehnung der WTO und anderer Liberalisierungs-Abkommen (wie APEC, EU, NAFTA usw.) als aktive Agenten einer sozial und ökologisch zerstörerischen Globalisierung;

2.Wir lehnen alle Herrschafts- und Diskriminierungssysteme ab, inklusive aber nicht beschränkt auf, Patriarchat, Rassismus und religiösen Fundamentalismus aller Art. Wir anerkennen die vollständige Würde aller Menschen.

3.Eine konfrontative Haltung, denn wir glauben nicht, daß Lobbyarbeit in einer so undemokratischen Organisation, die massgeblich vom transnationalen Kapital beeinflusst ist, einen nennenswerten Einfluss haben kann;

4.Ein Aufruf zum gewaltlosen zivilem Ungehorsam und zum Aufbau von lokalen Alternativen durch die örtliche Bevölkerung als Antwort auf die Aktivitäten von Regierungen und Konzernen;

5.Eine dezentrale und autonome Organisationphilosophie.“23

Punkt 2 wurde auf erst auf der zweiten PGA-Konferenz in Bangalore (Indien) im August 1999 hinzugefügt.24

PGA hat seine Wurzeln in den „Interkontinentalen“ und „Intergalaktischen Treffen gegen Neoliberalismus und für eine menschliche Gesellschaft“, die von den Zapatistas der EZLN organisiert wurden, um ein weltweites Netzwerk gegen den Neoliberalismus zu initieren. Das erste dieser Treffen fand im Sommer 1996 im von der EZLN kontrollierten Teil des lakandonischen Urwaldes von Chiapas statt25. Über 3.000 Menschen aus allen Kontinenten beteiligten sich an diesem Treffen. Im Sommer 1997 wurde in Madrid ein zweites „intergalaktisches“ Treffen veranstaltet. Aus diesem Treffen ging ein Netzwerk von Organisationen hervor, die den Grundstein zur Gründung von PGA legten.26 An diesem Netzwerk, dass die erste Konferenz (23.02 bis 25.02.1998, Genf), das Manifest und die organisatorischen und politischen Grundsätze von PGA vorbereitete, beteiligten sich folgende Organisationen:

Central Sandinista de Trabajadores (CST, Nicaragua), Frente Zapatista de Liberación Nacional (FZLN, México), Foundation for Independent Analysis / Foundation for an Independent Aotearoa (Aotearoa New Zealand), Red de Mujeres Indígenas, Karnataka Peasants‘ Association (KRRS, Indien), Mama 86 (Ukraine), Movement for the Survival of the Ogoni People (MOSOP, Nigeria), Movimiento Sin Tierra (MST, Brasil), Philippine Peasants‘ Movement (KMP) und Play Fair Europe.27

An der Genfer Gründungskonferenz mit über 300 Teilnehmern aus 71 Ländern beteiligten sich ausser den genannten Gruppen Vertreter von hungerstreikenden Lehrern aus Argentinien, Frauengruppen gegen Überausbeutung von Frauenarbeit aus Mexico, Bangladesh, Nicaragua und El Salvador, Kleinbauernorganisationen aus Honduras, Frankreich, Norwegen, Schweiz, Estland, Mosambique, Togo, Peru, Bolivien, Kolumbien u.a., Vertreter Indigener Völker wie den Mayas, U´was und Aymaras, Studentengruppen aus Südkorea, Postgewerkschafter aus Kanada, die französische Arbeitslosenbewegung AC! und das Bündnis der Euromärsche gegen Erwerbslosigkeit u.v.a.m.28

Das erste Bulletin von PGA beschreibt die Stimmung auf der Konferenz als ausserordentlich enthusiastisch. Trotz großer materieller und kultureller Differenzen hätten die „Kämpfe in den privilegierten und unterprivilegierten Teilen des Konzernimperiums“ immer mehr gemeinsam, wodurch Bedingungen für neue und stärkere Formen der internationalen Solidarität geschaffen würden.29

Beschlossen wurden auf dieser Konferenz neben den organisatorischen und politischen Grundsätzen sowie dem PGA-Manifest ein Aufruf zu weltweiten dezentralen Aktionen gegen zweite WTO-Ministerkonferenz anlässlich der 50-Jahrfeier von GATT/WTO vom 18.-20.05.1998. (Zu diesen Aktionen siehe 2.3.1)

2.2 Programmatik: Das PGA-Manifest

Im März 1998 wurde in Genf das „Peoples Global Action Manifesto“ beschlossen, welches seitdem die programmatische Grundlage von PGA bildet.

Dieses Manifest ist der Versuch einer zusammenhängenden Analyse der Globalisierung und ihrer Bedeutung für das Kapital, ihrer Auswirkung auf verschiedenste gesellschaftliche Bereiche und der Konsequenzen, die die Globalisierung für die Strategien von Widerstandsbewegungen hat. Im Folgenden sollen die für diese Arbeit wichtigsten Punkte des Manifestes (Analyse der Globalisierung und die Perspektiven für eine Widerstandsbewegung) zusammenfassend dargestellt werden.30

PGA analysiert die Globalisierung als eine neue Strategie des schon immer auf globaler Ebene opperierenden Kapitals. Globalisierung bestehe aus „Abschaffung nationaler Handelsschranken und Beschränkung des freien Kapitalflusses“, wodurch die Menschen weltweit in ein System eingefügt würden, welches „allein auf Pofit und die Kontrolle über Mensch und Natur“ abziele. Als „vielleicht wichtigstes Phänomen des gesamten Globalisierungsprozesses“ betrachtet PGA das „verstärkte Auftreten von Handelsabkommen als Schlüsselinstrumente von Akkumulation und Macht“, wobei die wichtigste Institution zur Ausarbeitung Umsetzung solcher Abkommen die WTO sei. Die WTO, aber auch NAFTA, MERCOSUR und das MAI würden ein gemeinsames Ziel verfolgen: „Mobilität für den freien Fluß von Gütern, Dienstleistungen und Kapital; verstärkte Herrschaft des transnationalen Kapitals über Mensch und Natur; Verlagerung der Macht hin zu weit entfernten und undemokratischen Institutionen; …“. Als Folge der Globalisierung wächst in der Analyse von PGA die Macht der Konzerne gegenüber nationalen Regierungen, die „nicht in der Lage und zumeist auch nicht gewillt sind, gegen die Interessen des transnationalen Kapitals zu handeln“. Dies führt zur „Abschaffung politischer Umverteilungsmaßnahmen (z.B. progressive Besteuerung, soziale Absicherung, Arbeitszeitverkürzung)“. Damit einher gehe ein weltweiter „Angriff auf die elementarsten Menschenrechte“, der zu „Verelendung, Hunger, Obdachlosigkeit, Arbeitslosigkeit, einem sich verschlechternden Gesundheitszustand, Vertreibung, Landlosigkeit, Analphabetismus“ und vielem mehr führe.

Die wachsende Macht des transnationalen Kapitals führe außerdem zu einer Zunahme geschlechtsspezifischer und ethnischer Unterdrückung, zu einer Verschlechterung der Situation indigener Völker, einer Verschärften Ausbeutung von Natur und Umwelt, zur „Komerzialisierung von Kultur und ihre Umwandlung in eine Handelsware“, zur ausschließlichen Kontrolle des Kapitals über Wissen und Technologie, zur Unterordnung des Bildungswesens unter das Diktat der Konzerne, zur zunehmenden Militarisierung der Welt und zu Migration und Diskriminierung. Jedem dieser von der Globalisierung betroffenen Bereiche wird im Manifest ein eigener Abschnitt gewidmet.

Die Globalisierung habe auch negative Auswirkungen auf die Möglichkeiten von traditionellen Widerstandsbewegungen, die in Auseinandersetzungen auf nationalstaatlicher Ebene entstanden. Der Arbeiterbewegung etwa werde durch die Globalisierung in einem erheblichen Maße die Möglichkeit genommen, „in nationalen Zusammenhängen gegen das Kapital anzugehen.“ In den Augen von PGA haben die Gewerkschaften insbesondere in den privilegierten Ländern ihre „Niederlage gegen die Weltwirtschaft“ bereits akzeptiert und geben heute bereits erkämpfte Errungenschaften Stück für Stück wieder auf und unterwerfen sich den vom Kapital aufgestellten Bedingungen. So würden sie heute „Solidarität gegen internationale Wettbewerbsfähigkeit“ eintauschen.

Daher bedarf es heute „neue[r] Formen des Kampfes und der Solidarität“ sowie neuer Strategien politischer Arbeit. Denn gegen den transnationalen Kapitalismus könne nicht länger nur auf nationaler Ebene vorgangen werden.

Deswegen „müssen wir vielfältige Organisationsformen auf unterschiedlichen Ebenen schaffen“, die unabhängig sind von Regierung und Wirtschaft und eine „unmittelbare Demokratie“ zur Grundlage haben. Diese Organisationen „sollen einerseits aus lokalen Gemeinschaften hervorgehen und in ihnen verwurzelt sein, andererseits … internationale Solidarität praktizieren“. Gleichzeitig ruft PGA zum Aufbau alternativer und nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen von unten auf.

Da die nationale Regierungen weltweit „Marionetten und Instrumente kapitalistischer Macht“ seien, die neoliberale Politik umsetzen, müsse dem „Unfug der im Dienste der Konzerne handelnden Staatsgewalt“ ein Ende gesetzt werden. Die internationalen Handelsabkommen müssten zerstört und ein Leben „frei von Zwängen, Herrschaft und Ausbeutung“durchgesetzt werden. Der Weg dahin seien „direkte demokratische Aktionen“ und der gewaltlose zivile Ungehorsam einer „weltweiten[n] Allianz von Bewegungen … die ihre Autonomie respektieren und aktionsorientierten Widerstand“erlauben. Am Ende des Manifestes betont PGA ihre Absicht, gegen alle Formen der Unterdrückung zu kämpfen und eine „neue Welt zu erschaffen“.

2.3 Aktionen: People´Global Action Days (PGADs)

Als Fokus für die im Manifest postulierten direkten Aktionen betrachtet PGA die „People` Global Action Days“ (PGADs). An ihnen soll die „weltweite Allianz von Bewegungen“ in Form von internationalen Protesten Wirklichkeit werden und der in den PGA­–Grundsätzen postulierten „klaren Konfrontationshaltung“ Ausdruck verliehen werden. Bisher fanden PGADs viermal statt: Vom 16.–20.05.1998, am 18.06.1999, am 30.11.1999 und am 01.05.2000. Ein weiterer PGAD ist für den 26.09. geplant.

Dreimal waren WTO-Ministertreffen der Anlaß für einen PGAD, ein weiteres Mal rief PGA anlässlich des ersten „Ersten Mai“ im neuen Jahrtausend zu weltweiten Protesten auf.

Anhand des Ausmaßes und Verlaufes der PGADs lässt sich die Bedeutung von PGA für die neuentstandene internationale Protestbewegung am Besten nachvollziehen. Daher sollen die vier bisherigen PGADs im Folgenden dargestellt werden. Ein Problem bei dieser Darstellung ist die große Zahl von Aktionen. Sie alle zu erwähnen und detailliert darzustellen, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Es soll daher nur auf die größten und aufsehenerregendsten Aktionen eingegangen werden.

2.3.1. Der erste PGAD, 18.-20.05.1998

Der Beschluss für diesen Aktionstag gegen die zweite WTO-Ministerrunde anlässlich der 50-Jahrfeiern von GATT/WTO wurde im Februar 1998 auf der ersten PGA-Konferenz in Genf gefällt (s.o.).

In Genf fand anlässlich der dortigen Tagung der WTO-Ministerrunde eine Aktionswoche statt. Ihren Höhepunkt erlangte sie mit einer internationalen Demonstration von ca.10.000 Menschen. Zu den Rednern gehörten Vertreter von KRRS (Indien), MST, FZLN, Via Campesina (Honduras) sowie Vertreter von Bewegungen aus Kolumbien, Mosambique, El Salvador, Argentinien, Ukraine, Süd-Korea u.a. Im Anschluss an die Demonstration kam es zu stundenlangen Aueinandersetzungen mit der Polizei.31

An einem Sternmarsch in Brasilia beteiligten sich am 20.05. ca. 50.000 Menschen. Aufgerufen hatten neben der MST der Gewerkschaftsverband CUT, der „Dachverband der sozialen Bewegungen“ CMP u.a.

Ein weiterer Höhepunkt der Aktionstage waren Demonstrationen und Menschenketten in Birmingham, wo sich parallel zur WTO-Ministerrunde in Genf die Spitzen der G8-Staates trafen. An den Protesten in Birmingham beteiligten sich 40.000 Menschen32.

In Hyderabad (Indien) fand bereits am 02.05.98 eine Demonstration für den Austritt Indiens aus der WTO statt, an der nach Angaben der Veranstalter mehrere hunderttausend Menschen teilnahmen. Organisert war diese Demonstration von JAFIP (Gemeinsame Aktionsforum der InderInnen gegen die WTO), einem Zusammenschluss von 50 Organisationen, unter ihnen KRRS. Insgesammt fanden in 23 indischen Orten Proteste statt. Außerdem wurden der indischen Regierung zehn Millionen Unterschriften für einen Austritt Indiens aus der WTO überreicht.33

Auf den Philippinen beteiligten sich mehrere tausend Menschen auf einer von KMP und der Fischer-Bewegung Palamakaya organiserten Demonstration. Weitere Demonstrationen und „Reclaim the streets“-Partys fanden statt in Brüssel, Prag, Wien, York, Utrecht, Berlin, Tallin, zahlreichen spanischen Städten, in Ottawa, in Toronto, in Berkley (USA) u..v.a.m. statt. Die Teilnehmerzahl bei diesen Aktionen lag in der Regel bei weniger als 1000 Personen. Eine Ausnahme bildet Prag, wo sich 3000 Menschen an einer „Reclaim the Streets“-Party beteiligten, die in schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei endete34.

Darüber hinaus fanden in Rahmen des PGAD Konferenzen gegen die Globalisierung in Indien, Sri Lanka und Nepal statt.

2.3.2 Der zweite PGAD: 18.Juni 1999

Am 18.06. begann in Köln der Weltwirtschaftsgipfel (WWG). Daher wurde dieser Termin von PGA ausgewählt, um einen zweiten globalen Aktionstag abzuhalten. In dem Aufruf zu diesem Aktionstag heisst es: „Die Besetzung und Verwandlung der Finanzzentren am 18. Juni – zur selben Zeit rund um die Welt – wird ein Beitrag und ein praktisches Beispiel sein für den Aufbau von Netzwerken und Alternativen zur jetzigen sozialen Ordnung.“35 Für diesen Aktionstag wurde eine eigene Internetseite eingerichtet.36

Schwerpunkt dieses PGADs waren die Aktivitäten gegen den WWG in Köln selbst. Hier fand am 19.06. eine Menschenkette der Kampagne „Erlaßjahr 2000“ mit 35.000 sowie eine Demonstration mit 10.000 Teilnehmern statt. Außerdem wurde ein Alternativer Gegengipfel veranstaltet, an dem sich 850 vor allem junge Menschen beteiligten. Obwohl dieses die größte Mobilisierung in Deutschland zu einem 3.Welt-Thema seit 1988 war, blieben Beteiligung und öffentliche Wahrnehmung insgesamt deutlich hinter den Erwartungen zurück.37

Internationales Aufsehen erregte die im Rahmen des PGAD veranstaltete „Reclaim the Streets“-Demonstration in London. Diese Demonstration, an der sich mehrere tausend Menschen beteiligten, endete mit schweren Verwüstungen im Londoner Finanzviertel und den schwersten Ausschreitungen in London seit 15 Jahren.38

In Nigeria wurde ein „Carnival of the opressed“ veranstaltet, in dessen Verlauf eine Shell-Niederlassung für mehrere Stunden blockiert wurde.39

Insgesamt gab es am 18.06. Aktionen in 41 Ländern40.

Teil der Mobilisierung zum 18.06. war eine „Interkontinentale Karavane für Solidarität und Widerstand“ (ICC99), die im Vorfeld des Kölner Gipfels durch insgesamt 12 europäische Länder zog und am 18.06. in Köln endete41. An dieser von PGA organisierten Karavane hatten sich ca. 500 Vertreter von Basisbewegungen aus Asien und Lateinamerika, unter ihnen 370 indische Kleinbauern und Fischer sowie die brasilianische MST, Menschenrechtsgruppen aus Nepal, die FZLN, chilenische Ureinwohner und die Bewegung landloser Bäuerinnen aus Bangladesh beteiligt. Zum Ziel dieser Karavane schrieben indische Kleinbauern: „Wir wollen dem Norden vermitteln, wie der Süden das System der Ausbeutung und des Genozids erlebt, das uns von euren Regierungen und internationalen Institutionen wie der WTO und den multinationalen Konzernen aufgezwungen wird. Wir wollen euch aus erster Hand eine Vorstellung davon geben, welche Auswirkungen diese Institutionen auf uns haben und wie sie unser Leben zerstören. Im Süden ist die Dringlichkeit einer radikalen politischen Veränderung offensichtlich. Wir hoffen, dass dieses Projekt dazu beitragen wird, dieses Bewusstsein in der europäischen Öffentlichkeit zu verbreiten.“.42

2.3.3 Der dritte PGAD: 30.November 1999

Die Entscheidung für einen dritten PGAD unter dem Motto „Let our resistance be as transnational as capital“ anlässlich der WTO-Ministerrunde (sogenannte Milleniumsrunde) in Seattle wurde auf der zweiten PGA-Konferenz vom 21.-24.08.1999 in Bangalore (Indien) gefällt, auf der auch eine Ergänzung der PGA-Grundsätze (s.o.) sowie eine klare Abgrenzung von allen rechten und faschistischen Gruppen und Ideen beschlossen wurde.43 Der Beschluss für einen weiteren PGAD am 30.11.99 sowie am 01.05.2000 folgte aus den positiven Erfahrungen mit den beiden vorhergegangenen Aktionstagen, die von der 2.PGA-Konferenz als Erfolg gewertet wurden.44

Schwerpunkt des Aktionstages am 30.11. sollte ein „Festival of resistance“ in Seattle werden, mit dem Ziel, die WTO zu blockieren. Der auf der 2.Konferenz beschlossene Aufruf sah noch einmal explizit dezentral und nicht-hierarchisch organisierte, kreative Aktionen vor, mit dem Ziel, ein möglichst breites Spektrum von Bewegungen für diesen Tag zusammenzubringen45. Ähnlich wie im Vorfeld zum 18.06.99 in Europa gab es vom 28.10.99 bis zum 30.11.99 eine von PGA organisierte Karavane durch die Vereinigten Staaten46, an der sich Aktivisten aus

Israel, Bolivien, Pakistan, Deutschland, Kanada, Panama, Indien, Großbritannien und den USA beteiligten. In den Städten, in denen die Karavane eintraf, wurden Aktionen, Veranstaltungen und Kongresse organisiert, um über die WTO aufzuklären und um nach Seattle zu mobilisieren.47

Auch zu diesem PGAD gab es wieder eine eigene Mobilisierungs–Hompage (http://go.to/n30).

Bereits im Vorfeld zur Milleniumsrunde der WTO war die Genfer Zentrale der WTO von Aktivisten besetzt worden, welche sich in der Eingangshalle anketteten und ein Transparent auf dem Dach des Gebäudes entrollten mit der Aufschrift: „The WTO kills people – kill the WTO!“.48 Am 27.11. wurde darüber hinaus in Genf eine Demonstration gegen die WTO mit 5.000 Teilnehmern veranstaltet. Bereits am 25.11. hatten Paris ebenfalls ca. 5.000 Kleinbauern gegen eine weitere Liberalisierung des Welthandels demonstriert. In Neu Dehli besetzten am 24.11. etwa 300 Aktivisten der Indigenen Adivasis-Bewegung das Büro der Weltbank.

In Fankreich gingen am 29.11. in 80 verschiedenen Städten 75.000 Menschen auf die Straße, um gegen „die Diktatur des Marktes und der WTO“ zu protestieren.

Am 30.11. selbst gab Streiks von Hafenarbeitern an der amerikanischen Westküste gegen die Milleniumsrunde der WTO sowie Demonstrationen und Aktionen in über 70 Städten auf der ganzen Welt49. In London etwa demonstrierten 2.000 Menschen (weitere Aktionen fanden in sieben anderen englischen Städten statt), in Manila (Philippinen) demonstrierten 8.000 Menschen gegen die WTO, ebensoviele wie in Pakistan50. In Indien beteiligten sich mehrere tausend Personen an Protesten in Narmada und Bangalore. (Für einen Gesamtüberblick über die einzelnen Aktionen zum dritten PGAD siehe http://www.agp.org/agp/infopool/pgabulletin5en.html)

Der eindeutige Höhepunkt der Aktionen um den 30.11. waren aber die Proteste gegen die WTO in Seattle selbst, die weltweites Aufsehen erregten. Die sich an PGA beteiligenden Organisationen waren bei weitem nicht die einzigen, die zu diesem Datum nach Seattle mobilisierten. Bereits seit Januar 1999 lief in den USA eine anfangs vor allem von „Direkt-Action-Networks“, anarchistischen Gruppen sowie Umwelt- und 3.-Welt-Aktivisten getragene Mobilisierung51. Im Unterschied zu den bisherigen PGADs beteiligten sich diesmal „traditionelle“ Gewerkschaften wie die amerikanische AFL-CIO massiv an der Kampagne.52 Sie mobilisierten die Mehrzahl der insgesamt 60.000 bis 80.000 Demonstranten. In Seattle gelang es, die Eröffnung der WTO-Konferenz um mehrere Stunden hinauszuzögern und die Kritik an der WTO und an der gesamten Freihandelspolitik weltweit vernehmbar zu machen. Eine für die amerikanischen Verhältnisse völlig neue Qualität erreichten die Proteste durch das Zusammengehen von organisierten Arbeitern auf der einen und Umwelt-, 3.Welt- und linken Aktivisten auf der anderen Seite, was einen wesentlichen Unterschied zu den Bewegungen der 60er Jahre in den USA ausmacht. Dieses „Battle of Seattle“ markierte den eindeutigen Höhepunkt des dritten PGADs, der gleichzeitig durch die Ereignisse in Seattle als der erfolgreichste bisherige PGAD gewertet werden kann (und von PGA auch so gewertet wird), sowohl was die konkreten Erfolge der von PGA propagierten „gewaltfreien direkten Aktionen“ (Blockade der WTO-Tagung) als auch was die Wahrnehmung in der internationalen Öffentlichkeit angeht. So heisst es denn auch in der Einleitung zum fünften (deutschsprachigen) Bulletin von PGA: „Noch vor wenigen Monaten erschienen der globale Kapitalismus und die Globalisierung der Wirtschaft als ein unantastbares Naturgesetz … Nur wenige hätten geglaubt, dass es möglich wäre, den Mythos vom ‘Ende der Geschichte’ zu durchbrechen und die wahrscheinlich mächtigste kapitalistische Institution, die Welthandelsorganisation WTO, durch massiven zivilen Ungehorsam anzugreifen. Nach den Ereignissen in Seattle und den globalen Aktionstag dem 30. November wird nichts wieder so sein wie zuvor. Immer mehr Menschen, Gruppen und Bewegungen fangen an, sich als kooperierende, autonome Einheiten zu begreifen und sich aufeinander zu beziehen. Die globalen Aktionstage wie June 18th und N30 haben bewiesen, daß informelle Netzwerke und horizontale Kooperationsformen, deren Dynamik auf der Diversität der Ansätze beruhen, erfolgreich sind.“53 Die Demonstration in Seattle habe „Schockwellen der Hoffnung“ um die Welt gesand und sei das „Woodstock des Widerstandes“ geworden.54

2.3.4. Der vierte PGAD: 1.Mai 2000

Aufgrund der zeitlichen Nähe dieses weltweiten Aktionstages zur Erstellung der vorliegenden Arbeit muss auf eine detaillierte Aufzählung von Aktionen verzichtet werden. Es liegt noch nicht ausreichendes Datenmaterial vor, um diesen Aktionstag wirklich auswerten zu können, zumal es gerade am 1.Mai als traditionellem internationalem Tag der Arbeiterbewegung sehr schwierig ist zu beurteilen, welche Demonstrationen und Aktionen sowieso stattgefunden hätten und welche aufgrund der Initiative von PGA zustande kamen.

Daher soll nur auf wenige Ereignisse kurz eingegangen werden, die eindeutig mit dem PGAD in Verbindung stehen. In Hamburg gab es in der Nacht zum ersten Mai eine „Reclaim the streets“-Demonstration mit etwa 500 Teilnehmern, die in schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei vor dem besetzten linken Zentrum „Rote Flora“ endeten.55

In London beteiligten sich mehrere tausend Menschen an einer „Reclaim the streets“-Demonstration, in deren Verlauf die Londoner City begrünt wurde. Auch hier kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei.56 Einen Überblick über einen Teil der Aktionen, darunter Demonstrationen in den USA, Frankreich, Tschechien und Pakistan bietet die Internet-Seite http://www.infoshop.org/mayday2000_news.html.

Insgesamt wurde auch dieser vierte Aktionstag von PGA als Erfolg gewertet.57

2.3.5. Bereits in Planung – Der 5.PGAD: 26.09.2000

Der nächste PGAD wird anlässlich der 55.Jahrestagung von IWF und Weltbank vom 26.-28.09.00 in Prag stattfinden. Im Aufruf zu diesem Aktionstag heisst es:

As on previous occasions, people of different movements and different countries will join forces on this day against the social, political, and economic institutions of the capitalist system – in particular against the World Bank and the IMF.

Workers, the unemployed, students, trade unionists, peasants, the landless, fishers, women groups, ethnic minorities, indigenous peoples, peace activists, environmental activists, ecologists, and so on will work in solidarity with one another in the understanding that their various struggles are not isolated from each other. The simultaneous occupation and transformation of the capitalist social order around the globe – in the streets, neighbourhoods, fields, factories, offices, commercial centres, financial districts, and so on – will strengthen mutual bonds at the local, national, and international levels.“58

Für nähere Informationen siehe im Internet: http://www.x21.org/s26/.

  1. Schluß

PGA spielt offensichtlich eine wichtige Rolle bei der Entstehung der bereits in der Einleitung beschriebenen neuen, internationalen Protest- oder Gegenbewegung. Insofern kann die eingangs zitierte Einschätzung Becks, die globalen Unternahmen würden „ohne (transnationale) Gegenmacht handeln“, als widerlegt betrachtet werden. Neben der Globalisierung der Märkte hat eine Globalisierung des Widerstandes stattgefunden und findet immer noch statt. Die Bedeutung von PGA für diese Globalisierung des Widerstandes liegt meines Erachtens auf zwei Ebenen.

Einerseits spielt PGA eine wichtige Rolle bei der weltweiten Vernetzung von so unterschiedlichen Basisbewegungen wie der EZLN, der KSSR oder der Ogoni-Bewegung MOSOP und ermöglicht den Austausch zwischen diesen Bewegungen. Dass eine so bunte Mischung von Organisationen mit sehr unterschiedlichem geographischen und politischen Hintergrund sich auf ein gemeinsames Manifest einigt, ist sicherlich eine wichtige Leistung. Dieses Manifest geht in seiner Kritik am Kapitalismus sehr weit und weisst ausdrücklich reformistische Strategien zurück, ohne allerdings eine kohärente eigene Strategie zu entwickeln. Dennoch ist mit diesem Manifest eine inhaltliche Grundlage für eine weltweite antikapitalistische Zusammenarbeit verschiedenster Bewegungen geschaffen worden. PGA versucht darüber hinaus, Wege einer weltweiten Kommunikation zwischen Basisbewegungen zu finden. Bisher gibt es im Rahmen von PGA im wesentlichen drei Möglichkeiten dieser Kommunikation: Die Konferenzen, die Bulletins und die Karavanen. Diese Formen eines internationalen Austausches bringen sicherlich einige Probleme mit sich, kann an ihnen doch immer nur ein sehr begrenzter Personenkreis teilnehmen. Wer hat schon dass Geld, zu einer Konferenz am anderen Ende der Welt zu fahren oder aus Indien nach Europa zu kommen, um sich an einer Karavane zu beteiligen? Auch die Bulletins erreichen nur eine Minderheit von denen, die sie erreichen sollen. Wer keinen Internet-Zugang hat (wie die übergroße Mehrzahl etwa der landlosen Bauern in Brasilien) und die Bulletins nicht zugeschickt bekommt bzw. Analphabet ist, hat keine Möglichkeiten, sich an dem angestrebten internationalen Austausch zu beteiligen. Mit derartigen Problemen haben internationale Zusammenschlüsse allerdings immer zu kämpfen, und die Probleme, vor allem was die Verschickung von Bulletins per E-Mail angeht, werden von PGA auch gesehen59.

Trotz dieser Probleme hat PGA in der Vergangenheit eine bemerkenswerte Fülle von Kommunikationsmöglichkeiten organisiert. Gerade die Interkontinentalen Karavanen ermöglichten einen direkten Austausch von Basisaktivisten aus den verschiedensten Ländern der Welt. Ebenso bieten die Bulletins, die offen für alle Arten von Beiträgen über bzw. aus verschiedenen Bewegungen sind, eine wichtige Plattform für einen internationalen Austausch.

Die zweite Ebene, auf der PGA eine Bedeutung für internationale Protestbewegungen und somit für eine Globalisierung des Widerstandes hat, ist die Ebene von weltweit koordinierten Aktionen, wie sie in den PGADs ihren Ausdruck gefunden haben. Was diese Ebene angeht, darf man die Bedeutung von PGA insofern sicher nicht überschätzen, als viel Aktionen (Mobilisierung nach Seattle oder Köln) auch völlig unabhängig von PGA stattgefunden hätten. Dass diese Aktionen aber weltweit zeitgleich und in einem gemeinsamen Kontext stattfanden haben und dabei von völlig unterschiedlichen Kräften getragen wurden, ist sicher ein Verdienst dieses weltweiten Zusammenschlusses von Basisbewegungen. Die beeindruckende Liste verschiedenster Aktionen in aller Welt anlässlich der PGADs zeigt, wie sehr es PGA in nur zwei Jahren gelungen ist, ein aktionsfähiges, weltweites Netzwerk von Aktivisten, Organisationen und Bewegungen aufzubauen. Mit PGA beginnt sich ein globalisierter Widerstand gegen Neoliberalismus und Kapitalismus zu formieren.

Eine enorme Bedeutung für Austausch, Vernetzung und für Mobilisierung zu Aktionen hat dabei das Internet, eine Bedeutung die von PGA sehr früh erkannt wurde. Sowohl für PGA selbst, als auch für die einzelnen PGADs wurden Homepages, E-Mail-Listen und Diskussionsforen eingerichtet.

Zu den Stärken von PGA zählte bisher die äußerst lockere, offene und dezentrale Form der Organisation wie auch der Aktionen. Die Bedeutung dieser Offenheit und Dezentralisation, die von PGA immer wieder betont wird, hat ihre Wurzeln sicherlich in den negativen Erfahrungen mit der bürokratisierten Kommunistischen (dritten) Internationale unter Stalin, in der die verschiedenen Sektionen zu Werkzeugen der die Internationale dominierenden russischen Sektion wurden. Eine derartige Dominanz soll bei PGA verhindert werden. Es soll auch kein innternationales Sekrätariat geben, welches in die inneren Angelegenheiten der einzelnen Sektionen eingreifen kann (wie etwa bei der VI.Internationalen). Nicht einmal Sektionen gibt es bei PGA. Jede Organisation soll völlig autonom sein und eigenständig handeln. PGA will die verschiedenen Aktivitäten nur koordinieren und einen Austausch ermöglichen. Ob diese bisherige Stärke sich in eine entscheidene Schwäche verwandeln kann, etwa wenn wirkliche Differenzen zwischen den PGA tragenden Organisationen aufkommen, muß die Zukunft zeigen. Auseinandersetzungen innerhalb von PGA scheinen aber vorprogrammiert. Zumindest ein Teil von PGA drängt auf eine tiefere Ausarbeitung der Kritik am Kapitalismus und eine genauere Formulierung von Alternativen (die im Manifest nur sehr allgemein als ein „Leben ohne Herrschaft, Zwänge und Ausbeutung“ formuliert werden). Kritik an Institutionen wie der WTO reiche nicht aus, die Kritik am Kapitalismus müsse mehr in Zentrum gestellt werden, sonst drohe das Abrutschen in reformistische Fahrwasser.60

Die Gründung und Aktionen von PGA stellen meines Erachtens einen wichtigen Beitrag zur Wiedergeburt einer internationalen, antikapitalistischen Bewegung und somit für eine Globalisierung des Widerstandes dar. Auch wenn die weitere Entwicklung von PGA sehr schwer einzuschätzen ist, kann sie durch die weltweite Koordination von Aktionen und einen internationalen Austausch zwischen verschiednen antikapitalistischen Organisationen/Bewegungen einen Grundstein zum Aufbau einer wirklichen „Internationalen der Hoffnung“61 legen.

1 Beck, Ulrich: Was ist Globalisierung? Irrtümer des Globalismus – Antworten auf die Globalisierung, Frankfurt a.M. 1998, S.14 (Hervorhebung im Original).

2 Ramonet, Ignacio: Morgenröte, in: Le Monde Deplomatique, Januar 2000, S.1.

3 Hierzu siehe in: Internet: http://www.a16.org.

4 http://www.x21.org/s26.

5 Dunkel, Monika: Erst der Anfang, in: Wirtschaftswoche vom 2.3.2000, S.17.

6 SZ, 29./30.01.00.

7 Ostermann, Dietmar: Globale Mißverständnisse, in: Frankfurter Rundschau vom 19.04.2000, S.3.

8 Zur Kampagne gegen das MAI siehe Brie, Christian de: Wie das MAI zu Fall gebracht wurde. Die Globalisierung des Widerstandes, in: Le Monde diplomatique vom 11.12.1998, S.7.

9 So der Titel der Wirtschaftswoche vom 2.3.2000.

10 Karnataka Rajya Ryota Sangha (KRRS) ist mit 10 Millionen Mitgliedern eine der grössten Bauernbewegungen Indiens. Vgl. Rademaker, Maike: Lieber Protest als Lobbyarbeit, in: Taz, 7.6.1999, S.8.

11 N.N.: Peoples´Global Action. Weltweite Aktion gegen „Frei“handel und die WTO, o.O. 1998.

12 PGA-Bulletin Nr.1, in: Internet: http://www.agp.org/agp/de/.

13 Organisational principels of the Peoples´Global Action against „Free trade“ and the WTO (PGA) in: Internet: http://www.agp.org/agp/en/.

14 Ebenda, Abschnitt 1.

15 Ebenda Abschnitt 3 und 4.

16 Ebenda, Abschnitt 5 und 6.

17 Ebenda Abschnitt 7. Das Bulletin wird in english, spanisch, französisch, deutsch, türkisch, holländisch und portugisisch herausgegeben.

18 Ebenda Abschnitt 8.

19 Ebenda, Abschnitt 2.

20 Ebenda Abschnitt 5.

21 Eine Zusammenfassung der Konferenz findet sich unter http://www.agp.org/agp/en/PGAInfos/bangalore/briefreport.html.

22 Ebenda.

23 http://www.agp.org/agp/de/.

24 Ebenda.

25 Zu diesem Treffen siehe auch REDaktion (Hsg.): Chiapas und die Internationale der Hoffnung, Köln 1997.

26 PGA-Bulletin Nr.5, in: Internet: http://www.agp.org/agp/infopool/bul5dt.htm (künftig als Bull5de).

27 PGA-Bulletin Nr.0, in: Internet: http://www.agp.org/agp/en/.

28 PGA-Bulletin Nr.1, in: Internet: http://www.agp.org/agp/de/, Abruf vom 26.05.2000 und Klas, Gerhard: Globalisierung unter Beschuß. Neugegründetes Koordinationsbündnis plant weltweite Aktionen gegen Freihandel und die WTO, in: Junge Welt, 7.3.1998. Ort der Konferenz waren verschiedene der über 200 besetzten Häuser und Zentren in Genf.

29 Ebenda.

30 Das Manifest findet sich im Internet unter http://www.agp.org/agp/de/. Alle Zitate aus dem Manifest stammen von dieser Seite. Auf Fußnoten bezüglich des Manifestes wird daher im Folgenden verzichtet.

31 PGA-Bulletin Nr.2, in: Internet: http://www.agp.org/agp/de/. Alle zum ersten PGAD gemachten Angaben basieren, soweit sie nicht anders gekennzeichnet sind, auf diesem Bulletin, somit auch die Angaben über die Zahl der Teilnehmenden.

32 Hempel, Dirk/ Ann Stafford: Global Pacman, in: Jungle World vom 20.05.1998.

33 Ebenda.

34 Ebenda.

35 http://bak.spc.org/j18/site/deutsch.html.

36 http://www.j18.org.

37 Zu den Aktionen in Köln und ihre Bewertung siehe die Homepage von WEED in: Internet: http://www.weedbonn.org.

38 PGA-Bulletin Nr.5 in: Internet: http://www.agp.org/agp/infopool/pgabulletin5en.html (künftig als Bull5en).

39 Bull5en;  Einen Eindruck der vielzahl von Organisationen, die diesen PGAD in Nigeria veranstalteten, vermittelt folgendes Zitat aus dem 5.PGA-Bulletin:  „The June 18 event in Nigeria was co-ordinated by the ChikokoMovement. Several ethnic nationality organisations, social movements and NGOs participated in the event, including: Environmental Rights Action (Friends of the Earth, Nigeria), MOSOP,Ogoni Solidarity Movement, Ijaw Youth Council, National Association of Nigerian Students, Peoples Democratic Liberation Party and Womenin Nigeria-Rivers State. Other groups are Pan African Youth Movement,Niger Delta Women for Justice, Society for Awareness and Growth in Etche, Civil Liberties Organisation-Rivers/Bayelsa,Watch the NigerDelta, Oodua Peoples Congress, Isoko National Youth Movement, EgiForum, Oron National Forum and the Supreme Egbesu Assembly.“

40 http://www.gn.apc.org/june18/bulletin2.html.

41 Zur ICC99 siehe Internet: http://stad.dsl.nl/~caravan/.

42 http://www.dsl.nl/icc/ICC-dui/ICCframe-dui.htm sowie Rademaker, a.a.O.

43 PGA-Bulletin Nr.4, in: Internet: http://www.agp.org/agp/en/.

44 Ebenda.

45 Ebenda.

46 Für Informationen zu dieser Karavane siehe Internet: http://www.agp.org/agp/UScaravan/.

47 Bull5en.

48 PGA-Bulletin Nr.5 in Englisch (Bull5en). Alle Angaben um dritten PGAD stammen, soweit sie nicht anders kenntlich gemacht werden, aus diesem Bulletin.

49 Ebenda.

50 Bull5de.

51 Charlton, John: Talking Seattle, in: International Socialism 86, London/Nutley/Chicago 2000, S.12f.

52 Ebenda.

53 Bull5de.

54 Ebenda.

55 Siehe Hamburger Presse vom 2.5.2000. Dass diese Demonstration Teil des PGAD war, geht eindeutig aus dem Flugblatt hervor, mit dem zu dieser Demonstration mobilisiert wurde: N.N.: Reclaim the streets, o.O. 2000, Abschnitt 1: Mauday2000, der Globale Aktionstag und dir RTS.

56 http://www.infoshop.org/mayday2000_news.html.

57 http://www.x21.org/s26/calls/s26_en.htm#top.

58 http://www.x21.org/s26/calls/s26_en.htm#top.

59 Bull5en.

60 Hierzu siehe Bull5en, Abschnitt: Reflexions on Seattle.

61 Mit diesem Begriff wurde die von den Zapatistas organisierte internationale Zusammenarbeit, aus der auch PGA hervorging, häufig bezeichnet.

  1. Quellen- und Literaturverzeichnis:

Beck, Ulrich: Was ist Globalisierung? Irrtümer des Globalismus – Antworten auf die Globalisierung, Frankfurt a.M.

Brie, Christian de: Wie das MAI zu Fall gebracht wurde. Die Globalisierung des Widerstandes, in: Le Monde diplomatique vom 11.12.1998

Charlton, John: Talking Seattle, in: International Socialism 86, London/Nutley/Chicago 2000

Dunkel, Monika u.a.: Erst der Anfang, in: Wirtschaftswoche vom 2.3.2000

Hempel, Dirk/ Ann Stafford: Global Pacman, in: Jungle World vom 20.05.1998

Klas, Gerhard: Globalisierung unter Beschuß. Neugegründetes Koordinationsbündnis plant weltweite Aktionen gegen Freihandel und die WTO, in: Junge Welt, 7.3.1998

N.N.: Peoples´Global Action. Weltweite Aktion gegen „Frei“handel und die WTO, o.O. 1998

Ostermann, Dietmar: Globale Mißverständnisse, in: Frankfurter Rundschau vom 19.04.2000

REDaktion (Hsg.): Chiapas und die Internationale der Hoffnung, Köln 1997

Rademaker, Maike: Lieber Protest als Lobbyarbeit, in: Taz, 7.6.1999

Ramonet, Ignacio: Morgenröte, in: Le Monde diplomatique, Januar 2000

Internet–Seiten:

PGA: http://www.agp.org

Manifest: http://www.agp.org/agp/de/, Zugriff am 22.04.00

PGA-Bulletin Nr.0: http://www.agp.org/agp/en/, Zugriff am 22.04.00

PGA-Bulletin Nr.1: http://www.agp.org/agp/de/, Zugriff am 22.04.00

PGA-Bulletin Nr.2: http://www.agp.org/agp/de/, Zugriff am 03.05.00

PGA-Bulletin Nr.4: http://www.agp.org/agp/en/, Zugriff am 03.05.00

PGA-Bulletin Nr.5: http://www.agp.org/agp/infopool/bul5dt.htm, Zugriff am 03.05.00

PGA-Bulletin Nr.5: http://www.agp.org/agp/infopool/pgabulletin5en.html, Zugriff am 03.05.00

Organisatssionsprinzipien von PGA: http://www.agp.org/agp/en/, Zugriff am 22.04.00

Bericht über die zweite PGA-Konferenz: http://www.agp.org/agp/en/PGAInfos/bangalore/briefreport.html, Zugriff am 12.05.00

PGADs:

http://www.x21.org/s26, Zugriff am 21.05.00

http://bak.spc.org/j18/site/deutsch.html, Zugriff am 21.05.00

http://www.gn.apc.org/june18/bulletin2.html., Zugriff am 23.05.00

http://www.j18.org, Zugriff am 21.05.00

http://www.infoshop.org/mayday2000_news.html, Zugriff am 26.05.00

http://www.x21.org/s26/calls/s26_en.htm#top, Zugriff am 26.05.00

http://go.to/n30, Zugriff am 21.05.00

PGA-Karavanen:

http://stad.dsl.nl/~caravan/, Zugriff am 17.05.00

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Andere Seiten

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