Linksbündnis in Palästina

Demonstration der PFLP in Gaza, Dez. 2015

(jW) Linksbündnis in Palästina.

Mehrere Parteien und Initiativen stellen gemeinsam die soziale Frage.

Von Florian Wilde. 

Für den 8. Oktober sind in der Westbank und im Gazastreifen Kommunalwahlen angesetzt, und erstmals wird die palästinensische Linke mit einer gemeinsamen Liste antreten. Dies wurde vergangenen Mittwoch auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben, meldete der lateinamerikanische Sender TeleSurunter Berufung auf die Nachrichtenagentur Quds Press. Das Wahlbündnis mit dem Namen »Demokratische Allianz« umfasst die »Volksfront zur Befreiung Palästinas« (PFLP), die »Demokratische Front zur Befreiung Palästinas« (DFLP) und andere linke Parteien und Initiativen.

Auf der Pressekonferenz verlas der stellvertretende Vorsitzende der DFLP, Kais Abd Al-Karim, eine gemeinsame Erklärung aller am Bündnis beteiligten Organisationen. Ziel der Allianz sei »die Überwindung der gegenseitigen Polarisierung zwischen Fatah und Hamas sowie der daraus resultierenden Korruption.« Die Allianz sei daher dem Prinzip der Transparenz verpflichtet.

In einem Interview mit der PFLP-nahen Website Hadfnews erklärte Kajid Al-Ghul, Politbüromitglied der »Volksfront«: »Die Spaltung Palästinas durch Hamas und Fatah hat die Linken dazu gebracht, sich zu vereinen und für die Vision einer sozialen Gesellschaft zu kämpfen, die allen Palästinensern hilft.«

Walid Awad, Politbüromitglied der aus der palästinensischen Kommunistischen Partei hervorgegangenen »Palästinesischen Volkspartei« (PPP), beschrieb gegenüber den Nachrichtenportal Al-Monitor die von der Wahlallianz geforderte Steuerpolitik: »Steuern müssen vor allem von den großen Unternehmen erhoben werden, um mit den Einnahmen Entwicklungsprogramme auflegen und Gerechtigkeit gegenüber den Arbeitern und den Armen üben zu können.« Man werde vor allem Frauen und junge Menschen dazu auffordern, auf der gemeinsamen Liste zu kandidieren, so Awad weiter.

Die Kommunalwahlen sind von großer Bedeutung, weil aufgrund des Konfliktes zwischen der Fatah-geführten Autonomieregierung in der Westbank und der den Gazastreifen kontrollierenden Hamas seit den Parlamentswahlen 2006 keine Wahlen in Palästina mehr stattgefunden haben. Daher soll mit den Kommunalwahlen der institutionelle Wiederaufbau in Angriff genommen werden. Am 24. Juli war von allen palästinensischen Parteien bereits eine »Charta der Ehre« unterzeichnet worden, mit der sie sich selbst verpflichteten, zu freien, geheimen und fairen Wahlen beizutragen und die Ergebnisse zu respektieren.

Die Zersplitterung der linken Parteien ist ein Grund für die Schwäche der einst machtvollen palästinensischen Linken, die seit dem Oslo-Abkommen 1993 viel von ihrem früheren Einfluss eingebüßt hat. So erhielt die PFLP als stärkste linke Kraft bei den Parlamentswahlen 2006 nur etwas mehr als vier Prozent der Wählerstimmen. Die beiden anderen linken Listen kamen nur auf drei Prozent.

Daran wird sich erst etwas ändern, stellt der Politikwissenschaftler Tarik Dana in einer in der vergangenen Woche von der Rosa-Luxemburg-Stiftung vorgestellten Studie fest, wenn die linken Parteien »den sozialen Kampf wiederentdecken« und als Voraussetzung für politische Befreiung und Selbstbestimmung betrachten. Das Wahlbündnis könnte nun der erste Schritt in dieser Richtung sein.

Veröffentlich in: Junge Welt, 16.08.2016