(junge Welt) In Berlin-Kreuzberg ist es in den letzten Jahren zu extremen Mietsteigerungen gekommen. Zu den besonders betroffenen Gebieten gehört der Kiez um die Reichenberger Straße. Nun soll es auch für die Bewohner der Nummer 63a massive Erhöhungen geben. Doch diese wehren sich.
Die Miete für die Bewohner von Vorderhaus und Seitenflügel der »Reiche63a« soll auf einen Schlag um bis zu 25 Prozent steigen. Besonders schlägt dabei eine drastische Erhöhung der Nebenkosten zu Buche. Gleichzeitig versucht der Bezirk als Generalmieter des Wohnkomplexes, den Mietvertrag mit dem Verein »Trottke« für das im Hinterhaus angesiedelte Hausprojekt zu kündigen, um auch dort deutlich höhere Einnahmen zu erzielen.
In den 80er Jahren wurde die »Reiche 63a« mehrfach besetzt, bis der Eigentümer entnervt aufgab und die Häuser komplett an den Bezirk vermietete. Dieser überließ das Hinterhaus dem von Besetzern gegründeten Verein »Trottke«. Im Vorderhaus und im Seitenflügel wurden sogenannte Umsetzwohnungen geschaffen, in die häufig Besetzer, deren Häuser geräumt worden waren, einziehen konnten. Dort wurde fast ein Vierteljahrhundert lang Wohnraum zu günstigen Konditionen vermietet. Auch heute wohnen in der »Reiche 63a« vor allem Menschen mit geringem Einkommen.
Auf die Mieterhöhungen reagierten die Bewohner des Hauses schnell. Zu einer ersten Versammlung kamen rund 20 Teilnehmer. Seitdem finden regelmäßig Treffen statt. Mittlerweile gibt es eine Resolution der Bewohner gegen die Mieterhöhungen, die von 19 der 20 Mietparteien in Vorderhaus und Seitenflügel getragen wird. Zur Information der Öffentlichkeit wurde ein großes Transparent mit der Aufschrift »Mieterhöhung Nein! Verdrängung stoppen!« aus den Fenstern gehängt und eine Unterschriftenliste aufgesetzt.
Weiter sind eine Beteiligung am Reichenberger Straßenfest gegen Verdrängung und Gentrifizierung am 11. September und eine Demonstration zur nächsten BVV-Sitzung am 29. September geplant.
Protest gegen Mietwucher. Bewohner der »Reiche 63a« in Berlin-Kreuzberg wehren sich. Von Florian Wilde. In: junge Welt